„Freimachung“ und Ankunft

Am 31. Oktober 1941 wurden vom Reichssicherheitshauptamt - nicht überlieferte - Deportationsrichtlinien für eine „Abschiebungen von Juden in das Reichskommissariat Ostland“ mit den beiden Zielen Minsk und Riga erlassen. Demnach war laut einer Ankündigung vom 8. November für den Zeitraum bis Januar 1942 Deportationen von jeweils 25.000 Jüdinnen und Juden aus dem „Altreich“ und aus dem „Protektorat“ in jede der beiden Städte geplant.

Für die Neuankömmlinge galt es Platz zu schaffen, weshalb die Verantwortlichen in Minsk aus Berlin den Befehl erhielten, einheimische Getto-Insassen in großer Zahl zu ermorden. Daraufhin trieb ein „Sonderkommando“ der „Einsatzgruppe A“ zwischen dem 6. und 11. November 1941 zunächst fast 7.000 Jüdinnen und Juden aus dem Getto zur Kaserne von Tutschinka, wo sie erschossen und in Massengräbern verscharrt wurden. Kurz nach Ankunft des Berliner Transportes am 20. November 1941 töteten SS und Polizei erneut mehrere Tausend weißrussische Jüdinnen und Juden, um erneut Platz für die Deportierten zu schaffen. . Im Rahmen dieser Aktionen wurden nach Schätzungen rund 12.000 nicht mehr arbeitsfähige, alte und kranke einheimische Insassen des Gettos ermordet. Mit dem Eintreffen der Transporte wurden die vom übrigen Gettobereich abgetrennten „Sondergettos“ I und II eingerichtet.

Nachdem Minsk erneut als Deportationsziel ausgewählt worden war, überprüfte Adolf Eichmann im März 1942 erneut die Aufnahmekapazitäten des dortigen Gettos. Dabei agierte er unter der Vorgabe des Reichssicherheitshauptamtes, dass die im Herbst 1941 festgelegte Quote von 25.000 Deportierten unbedingt erreicht werden müsse. Nach Besuchen von Himmler und Heydrich im stark zerstörten Minsk wurde dann jedoch beschlossen, Minsk zwar weiterhin als Deportationsziel zu nutzen, die dorthin Verschleppten jedoch der Verantwortung der Zivilverwaltung zu entziehen.

Sie sollten künftig nicht mehr ins Getto eingewiesen, sondern unter Federführung von Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst bis auf wenige Arbeitskräfte unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet werden. Hierzu wurde elf Kilometer südöstlich von Minsk eine neue Massenvernichtungsstätte nahe des Dorfes Maly Trostenez eingerichtet.

Vermutlich, weil die angespannte Transport- und Nachschublage der Wehrmacht keine weiteren Zugfahrten nach dort mehr zuließ, wurden die Deportationen ins Minsker Getto noch im November wieder eingestellt.[1] Insgesamt erreichten daher lediglich sieben Deportationszüge mit insgesamt mindestens 6.937 Menschen die weißrussische Hauptstadt, von denen etwa 1.400 bei SS und Wehrmacht, aber auch bei der Organisation Todt, in Privatfirmen und bei der Eisenbahn als Arbeitskräfte eingesetzt wurden.

Am 10. November 1941 trafen die ersten 1.000 deutschen Jüdinnen und Juden aus Hamburg in Minsk ein, und innerhalb weniger Tage folgten weitere rund 6.000 Deportierte aus Frankfurt am Main, Bremen und dem Rheinland. Am 18. November traf ein Zug aus Berlin ein, während die zwei noch folgenden Transporte hauptsächlich mit Insassen aus Wien und Brünn besetzt waren.

Fußnoten

[1] Hiervon war auch jener Transport betroffen, der am 8. Dezember 1941 von aus Köln aus nach Minsk führen sollte, was den Betroffenen im Rheinland auch bereits angekündigt war. Er wurde dann kurzfristig in Getto nach Riga umgeleitet.

 

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